Samstag morgen 5:45: mein Wecker klingelt. Richtig, zu einer Uhrzeit um die ich häufig erst aus einem Club nach Hause torkel öffne ich zögerlich meine Augen und erinnere mich zaghaft warum ich den Wecker so eingestellt habe. Stimmt, ich hab mich ja zum Tough Mudder 2017 angemeldet. Habe zwar die letzten 1,5 Wochen wenig Sport gemacht da mein Körper sich ein wenig dagegen gesträubt hat wie ich ihn die letzten Wochen behandelt habe aber hey, 18 KM krieg ich immer irgendwie hin.
Hier möchte ich kurz die Umschreibung des Verantstalters vom Tough Mudder einstreuen…:
Aber gut, halbwegs aufwachen, Sachen packen und ab ins Auto nach Wassertrüdingen.
8:00: Angekommen und raus aus dem Auto, na toll. Die Wiese ist nass und meine Füsse damit auch 🙁
Um mich herum viele Leute in freudiger Erwartung und/oder Angst in den Augen. Irgendwie kommt mir das ganze recht surreal vor in Anbetracht das es 8:00 morgends und mitten in Bayern, das liegt nicht in einem Kriegsgebiet btw., stattfindet. Aus einem Lautsprecher ertönt ein Anheizer um dessen Stimmbänder ich mir zu dem Zeitpunkt schon leichte Sorgen mache. Aber was solls.
Umziehen, meine Laufkameraden des Tages finden. Im Mudder Village sind schon viele Leute in unterschiedlichsten Outfits, aber alle Hoch-Motiviert. Einige sogar so sehr das sie selbst vorher auf die Idee kommen Traktorreifen um zu werfen. Eine Aktivität die ich obgrund der sinnlosen Energieverschwendung und offensichtlich folgenden Spottes meinerseits durch die umstehenden schnell aus meinen Gedanken streiche. Also noch schnell temporär kriminell werden durch ein Aufklebetattoo (zumindest hoffe ich es irgendwann wieder ab zu bekommen) und ein obligatorisches Vorher-Foto schießen lassen.
9:15: Auf gehts in die Aufwärm Area. Meine M400 angeworfen … schwupps Puls auf 180 blos durch ein paar Hampelmänner und Sprünge … das kann ja lustig werden.
9:30: Los gehts! Alle sind euphorisiert und das Adrenalin könnte man vermutlich in Flaschen abzapfen. Auf dem Weg zum ersten Hinderniss fällt der Blick auf die letzten Hindernisse, aber das scheint zu dem Zeitpunkt noch sooooooo weit weg.
Und damit man direkt weiß was los ist gehts in Feuchtgebiete, man mag es kaum erahnen in ein 1,3m Schlammloch. Nass und dreckig gehts weiter über Stock, Stein und Heuballen bis zu Kiss of Mud 2.0. Ein tolles Hindernis für jeden der Low Carb leben möchte, denn soweit ich weiß hat Schlamm keine Kohlenhydrate, und Schlamm ist man auch wenn man nicht von seinen „Freunden“ ein Kilo davon ins Gesicht und Haare geschmiert bekommt … vielen Dank dafür nochmal …
Über Stock und Stein, über Holzwände, durch Wassergräben und glitschige Hügel gehts dann in die Mud Mile 2.0. Jiepieh bin schon fast wieder trocken gewesen. Da helfen mehrere Schlammgruben hintereinander deutlich. Hinter der Pyramid Scheme (späteres Hindernis, dazu später noch ein zwei Sätze) kommen wir wieder am Start vorbei wo obgrund unseres nicht mehr ganz so frischen äußeren die grade startende Gruppen schon leicht iritiert schauen.
Weiter gehts Höhenmeter fressen (insgesamt ca. 600, was schon ohne die Tatsache das ich ohne Brille mit glischtigen Schuhen im Wald über Stock, Stein und Modder rauf und runter muss, eine leistung wäre) geht es zu einem Ort an dem man viele Schreie schon aus einiger Entfernung hören kann. Der freundliche Volunteer beruhigt uns: „Das kommt vom Band und hat nichts mit dem Hindernis zu tun“. Hmmh, es stehen 2 See-Container neben einem Tiefkühl LKW und das ganze heißt „Arctic Enema“. Meine Erfahrenen Mitstreiter sind ein wenig angespannt. Wenige Augenblicke später ist mir schlagartig klar warum. Nach 8,5 KM Hindernislauf in ein Becken das mehr aus Eiswürfeln als Wasser besteht zu rutschen und unter einem Hindernis durch zu tauchen muss man erlebt haben um zu wissen: Scheiße das muss ich echt nicht jeden Tag machen… oder Den Hodensack in kaltes Wasser hängen klingt stets nur von außen betrachtet als ein guter Vorschlag. Das ist definitiv nichts für Menschen mit Kreislauf Problemen und wer noch nicht ganz wach war, JETZT ist er es.
Damit man nicht zu trocken wird ist das nächste Hindernis Funky Monkey, vermutlich eine Anlehnung an die Ninja Warrior Sendung in RTL. Und ich könnte es jetzt auf meine Handschuhe, die Sonnenstrahlung, den Lärm oder sonstwas schieben aber nach der zweiten Sprosse musste ich als klügerer der Schwerkraft (die blöde Schl*mpe) nachgeben und mich kurzfristig entscheiden etwas länger zu brauchen und das Hindernis schwimmend zurück zu legen.
Weiter geht es durch den Wald rauf und runter. Die Tatsache das viele Teilnehmer vor mir ein wenig Feuchtigkeit bei sich geführt haben hat dazu geführt das viele Meter ein Gleiten und versuchen nicht die Hänge hinab zu gleiten was evtl. mit Schlittschuhen leichter gewesen wäre. Hier merke ich das die Schuhe die ich obgrund ihres Profils ausgesucht habe genau NULL Vorteile brachten da der Schlamm, Ton, Matsch eh Plateausohlen daraus gemacht hat.
Die nächsten Hindernisse sind letztendlich eine Mischung aus klettern und im Schlamm versinken. Ich möchte an der Stelle nochmal auf eines der Icons in meinem ersten Bild verweisen … Obgrund der Tatsache das sich der Lauf mitlerweile schon recht lange zieht ist meine Körperliche Verfassung nicht unbedingt vorbildlich. Beinahe dankbar bin ich als ich beim Huckepack mal ein paar Meter nicht selber laufen muss. Allerdings hätte ich mir einen leichteren Partner für dieses Hindernis aussuchen sollen :D.
Weiter geht es noch einmal durch die schöne Mud Mule die auch beim 2. mal durchqueren nicht weniger nass und dreckig ist … vor allem da nach ca 16km die Koordination der meisten Teilnehmer nicht mehr sooooo super ist und man mehr oder minder deutlich mehr vor sich herstolpert … Ich konnte mich grade so zurück halten die Raupe zu machen. Und dann stehen wir vor einem Hindernis das absurder ist je mehr man sich nähert. Pyramid Scheme. Fakt ist, alleine ist dieses Hindernis nicht zu bezwingen. Man könnte jetzt ein Arsch sein und einfach über alle Menschen hinweg klettern und sich verdrücken. Oder man stellt sich in den Dienst des Kollektiv und reiht sich erstmal in die unterste Ebene ein und lässt Menschen in 4 Ebenen über seine Schultern das Hindernis bezwingen. Spätestens jetzt ist man froh das Stollen und Spikes verboten sind. Aber auch so sind teilweise bis zu 3 Personen gleichzeitig auf den Schultern auf einer glitschigen Schräge eine Qual. 20 Minuten haben wir als Team gebraucht um das zu bezwingen, wenn ich die Wahl hätte würde ich anstelle dessen lieber 50 Burpees machen.
Nur noch ca 1,5 KM und immer noch 4 Hindernisse, meine Akkus sind leer und ich schleppe mich mehr oder minder weiter. Beim Everest ist es mir schon nicht mehr peinlich es nicht im ersten Anlauf geschafft zu haben da ich das Ziel schon sehen kann und nach der Quarterpipe ja nur noch eine Flussquerung, der Kong (ja, da hab ich wohl geschummelt als Jungfrau hätte ich ihn ja gar nicht angehen dürfen, wurde auch prompt mit einem Krampf nach meinem Absturz bestraft) und Elektroschock. Letzteres ist nicht nur wegen des schieren gedankens an die 10.000 Volt sondern vor allem wegen des Knalls den das verursachen kann und wie es sich anfühlt wenn man die Leine streift.
Aber danach haben wir es geschafft, und ich kann folgendes sagen:
- Das Bier, selbst Tucher, hat mir selten so gut geschmeckt wie in diesem Moment
- Wenn ich nochmal an die erste Grafik zurückdenke kann ich sagen:
- Ich wüsste nicht wie der Schlamm qualitativ hochwertiger sein könnte
- Mit der Quanität des selbigen haben die Veranstalter eher unter- als übertrieben
- Der Veranstalter hätte den Wald durchaus vorher mal durchfeudeln und aufräumen können 😀
- Ich brauch mehr Training
- Ich empfehle das jedem der mal einen zwanghaften Sauberkeitswahn bekämpfen will
- Lass dich nicht auf Festivals zu irgendwelchen Events überreden wenn du schon einen im Tee hast
Heute einen Tag später, mit Muskelkater und blauen Flecken überall bin ich mir fast sicher:
Nächstes Jahr noch einmal